Welche durchschnittliche Brennweite haben unsere Augen???

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Moderator: pilfi

Arjay
Sollte mal wieder fotografieren...
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Beitrag von Arjay »

beta hat geschrieben:magst du mir noch kurz sagen wieviel mm brennweite denn nun die besagten 100 grad sind? es müssen ja weniger als 50mm sein.
100 Grad entsprechen bei einer KB-Optik (Bildfeld 24 x 36mm) in etwa einem rektilinearen Weitwinkel mit ca 15mm Brennweite (also keinem Fischauge).

Die Sache mit dem Fischauge und den entsprechenden Bildverzeichnungen ist aber wieder eine ganz spezielle Sache: Ich vermute mal, dass unser Auge vom physikalischen Aufbau her ganz erhebliche Verzeichnungen erzeugt (ist schliesslich im Vergleich zu modernen Optiken äußerst primitiv aufgebaut), die aber durch die hervorragende Software in unserem Bordcomputer :wink: komplett herausgerechnet werden.

So, jetzt bleibt nur noch die Erörterung der Beziehung zwischen Brennweite und Bildwinkel. Diese beiden Parameter sind über den "Bildkreis" der Optik miteinander verknüpft.

Der Bildkreis ist das kreisförmige Feld in der Fokusebene eines Objektivs, in der der CCD-Sensor bzw. der chemische Film angeordnet ist.

Bei KB hat man ein Filmformat von 24 x 36mm, das also komplett im Bildkreis des Objektivs liegen muss, sonst wird etwas vom Bild abgeschnitten und/oder es gibt Vignettierung.

Die allgemein bekannten Brenweitenwerte für Tele, Weitwinkel etc. beziehen sich immer auf KleinBildfilm. Um die Brennweite einer Digicam in einen KB-äquivalenten Brennweitenwert umzurechnen, muss man die größe des CCD-Chips der Kamera kennen. Ist die Bilddiagonale des Chips z.B. 1/4,84 so groß wie die KB-Diagonale, so muss man den Brennweitenwert mal 4,84 nehmen und erhält dann den KB-Brennweitenwert mit dem gleichen Bildwinkel.

Bei Nikon-DSLRs beträgt dieser Wert 1,5 (1/1,5 = 0,6666...) und das ist genau der dort bekannte Verlängerungswert.

Ich hoffe, ich habe jetzt jede Klarheit beseitigt ...
Gruß Timo.

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ManU
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Beitrag von ManU »

Ich komme schon wieder mit dem Fotoguide daher. ;-)

Das folgende Bild habe ich aus dem Fotoguide von National Geographic entnommen. Copyright liegt bei "Slim Films". Damit sollte ich hier auf der sicheren Seite sein. ;-)

Bild
Arjay
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Beitrag von Arjay »

Sonderbar,

bei Voigtländer gibts für die Bessa R ein rektilineares Weitwinkel mit 12mm Brennweite, das laut Spezifikation 110 Grad Bildwinkel hat. Ist das Lieblingsteil für viele Leute, die Virtual Reality (Zylinder- und Kugelpanoramen) auf chemischem Film fotografieren ...
Gruß Timo.

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Ernst
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Beitrag von Ernst »

Ein Teil meiner beruflichen Tätigkeit beschäftigt sich mit fotografischer Dokumentation und Vermessungen. Wenn man die Stellung und Lage der in der maßstabsgetreue Skizze eingezeichneten Gegenstände mit Fotos, die mit einem 35 mm Objetiv angefertigt wurden, vergleicht, wirkt diese vom Abbildungswinkel her auf den Fotos unnatürlich. Fotos, die mit einem 50 mm Objektiv angefertigt wurden, wirken weit natürlicher.
lg
Ernst
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Beitrag von mescamesh »

)@beta: mach doch mal mit 50mm KB-Äquivalent zwei Aufnahmen und setze sie zusammen: ich finde das kommt dem Sehen wirklich am nächsten, was gerade bei Landschaftsaufnahmen wirkt. Bei anderen photographischen Arbeiten ist das ja nicht unbedingt wichtig und Du kannst mit jeder Festbrennweite verschiedene Standorte testen (aber nicht schummeln und an der Zoomtaste drücken :wink: :D
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Beitrag von beta »

Wow vielen lieben Dank für all die Tipps. Ich werde das mal bei meinen nächsten Streifzügen beachten.

;-)

beta
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MINOX
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Beitrag von MINOX »

Arjay hat geschrieben:
"100 Grad entsprechen bei einer KB-Optik (Bildfeld 24 x 36mm) in etwa einem rektilinearen Weitwinkel mit ca 15mm Brennweite (also keinem Fischauge)"
Und:
"Der gesamte Blickwinkel unseres Auges ist aber wesentlich größer, da ja auch noch der Bereich des "peripheren Sehens" dazukommt. Und der ist wesentlich größer - ich schätze ihn auf ca 100 Grad. "

Tja, irgendwie hatte ich auch immer den Eindruck, dass Fotos mit meinem ehemals heißgeliebten 17mm (Tokina) Weitwinkel meinem persönlichen natürlichen Bildeindruck des Originals (Motive wie Innenräume, Landschaften) am ehesten entgegekommen...
100 Grad Blickwinkel scheint bei mir zuzutreffen. :roll: :?
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Beitrag von Arjay »

Ernst hat geschrieben:Wenn man die Stellung und Lage der in der maßstabsgetreue Skizze eingezeichneten Gegenstände mit Fotos, die mit einem 35 mm Objetiv angefertigt wurden, vergleicht, wirkt diese vom Abbildungswinkel her auf den Fotos unnatürlich. Fotos, die mit einem 50 mm Objektiv angefertigt wurden, wirken weit natürlicher.
Eine sehr zutreffende Bemerkung!
Die meisten Objektive, mit denen wir fotografieren, sind sog. rektilineare Optiken, deren Projektion auf eine möglichst korrekte Wiedergabe von rechten Winkeln optimiert ist.

Ich erwähne hier den Begriff Projektion, weil die Abbildung von Objekten auf eine Ebene ein physikalischer Kompromiss ist, der technische Abbildungen (auf ebenes Papier, flachen Film oder eben ein flaches CCD-Chip) überhaupt erst möglich macht. Die nahe liegendste Lösung wäre nämlich die Abbildung auf einer Kugelschale (so funktioniert z.B. die Camera Obscura an besten).

Diesen Übergang von der Kugelschale auf eine Ebene nennt man Projektion, und die ist bei zunehmend großem Bildwinkel mit unnatürlich wirkenden Bildverzerrungen verbunden.

Hier kommen jetzt wieder unsere Sehgewohnheiten mit ins Spiel: Die "optische Entzerrung", die unser Gehirn beim normalen Sehvorgang vornimmt, bezieht sich eben auf den "bewusst wahrgenommenen" Sehwinkel von 46 Grad, entsprechend einer KB-Brennweite von 50mm. Daher nehmen wir rektilinear "zurechtgebogene" Bilder mit einem Bildwinkel größer 46 Grad auch irgendwie als unnatürlich wahr. Kernpunkt bei dieser Wahrnehmung sind Unsicherheiten der perspektivischen Verkürzung am Bildrand - anders gesagt, wir tun uns bei solchen Bildern schwer, Entfernungen am Bildrand korrekt einzuschätzen.

Wer mehr über die verschiedenen Projektionen erfahren will, sollte sich einmal die Dokumentation der PanoTools von Prof. Helmut Dersch und zugehörige Tutorials ansehen - da gibt es viel Interessantes zu diesem Thema.
Gruß Timo.

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