Frage an Profis: Wie mit manueller Belichtung arbeiten?

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Arjay
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Frage an Profis: Wie mit manueller Belichtung arbeiten?

Beitrag von Arjay »

In den letzten Tagen habe ich mich öfters auf dem Münchner Oktoberfest herumgetrieben, und habe mich mal in Street-Fotografie versucht - also Menschen in Aktion zu fotografieren.

Weil's dabei meistens Nacht war, habe ich mich des Öfteren heftig über die Belichtungsautomatik geärgert: Wenn etwas Helles (Grelles) im Hintergrund war, produzierte die Kamera gerne Unterbelichtetes, wenn der Hintergrund pechschwarz war (soll nachts öfters passieren) gab's heftig Überbelichtetes. Das alles lässt sich mit dem Verhalten der Belichtungsautomatik und dem Funktionsprinzip der Belichtungsmessung erklären, hilft mir aber in solchen Situationen nicht weiter.

Ich frage mich daher, ob ich in solchen Situationen nicht gleich besser mit manuell eingestellter Belichtung arbeiten soll. Die Frage ist nur: Wie messe ich dann, und wann muss ich meine Belichtungseinstellung korrigieren?

Ich habe in der letzten Zeit zu diesem Thema im Internet recherchiert und herausgefunden, dass viele Profi-Fotografen überwiegend mit manuell eingestellter Belichtung arbeiten (ich meine jetzt nicht nur im Studio). Leider wurde dort nie erklärt, wie die das im Detail machen.

Wer kann mir weiter helfen?
  1. Wie messe ich - Licht- oder Objektmessung (ja, ich habe aus Analogzeiten noch einen Belichtungsmesser, sogar einen guten mit einer Kalotte für Lichtmessungen)?
  2. Wie kann ich erkennen, dass sich eine Lichtsituation grundlegend geändert hat, so dass ich neu messen und eine neue Einstellung an der Kamera vornehmen muss?
  3. Was muss ich bei dieser Technik für eine DSLR anders machen, als bei einer Analogkamera (Digis können bekanntlich nicht so einen großen Kontrastspielraum erfassen wie Analogkameras)?
  4. Was ist ggf. noch zu beachten?
Gruß Timo.

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StefanM

Beitrag von StefanM »

Ich denke, daß Du für die Situation ein Gefühl entwickeln mußt. Wenn Du erst anfängst, mit dem Beli zu hantieren, werden Deine Motive sich schon wieder geändert haben...

Fang einfach mal an und schau immer schön auf das Histogramm, dort siehst Du, ob Du über-/unterbelichtet hast und kannst korrigieren. Wenn Du das einen Abend gemacht hast und Dir vergegenwärtigt hast, was Du jeweils eingestellt hast, dann wird das bald relativ problemlos gehen. Man glaubt garnicht, wie sehr man sich und sein Gefühl durch einprägen von Lichtsituationen an einen Beli annähern kann.

EDIT: Was ich vergaß: Du kannst dann anschließend zuhause die EXIF-Daten auswerten und mal schauen, welchen Belichtungsbereich Du so häufig genutzt hast. Vielleicht stellst Du fest, dass ISO 800, f/4 und 1/60 häufig passen und ein Startwert sind. Dann mußt Du nur "merken", daß man wenns heller ist 1 Blende weniger belichtet und wenns dunkler ist eine mehr. Oder so ähnlich halt...

Früher (tm) bei Negativfilm, der ja viel Spielraum bietet, konnte ich das ganz gut. Heute bei Digital habe ich mich leider entwöhnt, da ich es "ewig"3 nicht mehr gemacht habe :(

Aber Vorsicht: "Sinnvoll" ist das gerade bei den von Dir beschriebenen Lichtsituationen nicht! Du bewegst Dich ständig in einem Bereich, wo Rauschen in den unterbelichteten Partien und ausgefressene Lichter in den überbelichteten Partien drohen. Meiner Meinung nach ist gerade das was, wo man sich der (Halb!)Automatik anvertrauen sollte. Versuch es mal mit mittenbetonter Messung, damit habe ich sehr gute Erfahrung gemacht:

D200, 18-200VR, 130mm, 1/30s, f/5,6, ISO 1600
Bild
max188
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Beitrag von max188 »

Hi,


les' dir den Workshop über das Blitzen hier mal durch!
Da geht es um diese Thematik...
Grüße,
Max

alexis_sorbas
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Beitrag von alexis_sorbas »

Moinsen,

Zur "Street"-Fotografie...

Ich weiss nicht, was andere machen, aber ich habe folgendes gemacht:

Belichtungsmessung "Mittenbetont" auf die meist-vorkommende Lichtsituation, diese fest eingestellt (manuell) an der Kamera,
unter berücksichtigung eines kleinen Aufhellblitzes. Das nennt man auch "Vorratsmessung"...

Für die Einschätzung der "Lichtsituation" musst Du einfach üben, üben, üben...

Das der Konstrastumfang einer Digicam kleiner ist als der einer "analogen" möchte ich bezweifeln... das liegt nicht an der Kamera sondern am Film...

Der Belichtungspielraum und damit der Kontrastumfang eines SW-Negativfilms / eines Color-Negativfilms ist grösser als der einer Digicam/ eines Farbdiafilms...

Ich habe/würde einen hochempfindlichen SW-Film verwenden, z.B. einen Kodak T-Max 400, den ich auf 800 ASA belichten würde.
Hochempfindliche CN-Filme kämen auch in Frage... die lassen sich nur nicht so gut scannen...

Ich habe damals mein 35-70er und das 24er verwendet... ein passendes Zoom in dem Bereich würde auch reichen... aber Vorsicht bei hellen Lichtquellen seitlich/vorn (Flares etc). Deshalb lieber eine Festbrennweite...

mfg

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Arjay
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Beitrag von Arjay »

Danke für alle Eure Tipps! Wenn ich das richtig verstehe, arbeitet Ihr doch überwiegend mit Belichtungsautomatik. Das finde ich erstaunlich - ist das Arbeiten mit fest voreingestellter (und bei Bedarf umgestellter) Belichtung ein Vorgehen, das mit digitalem Gerät nicht mehr sinnvoll ist?
alexis_sorbas hat geschrieben:Ich habe/würde einen hochempfindlichen SW-Film verwenden, z.B. einen Kodak T-Max 400, den ich auf 800 ASA belichten würde.
Hochempfindliche CN-Filme kämen auch in Frage... die lassen sich nur nicht so gut scannen...
Wenn ich mit analogem Film arbeiten würde, dann würde ich sicherlich Deinen Empfehlungen folgen. Ich habe aber schon lange mein ganzes Analogequipment verkauft. Also bin ich speziell auf der Suche nach Tipps, wie ich das mit digitalem Gerät realisieren kann.
alexis_sorbas hat geschrieben:Ich habe damals mein 35-70er und das 24er verwendet... ein passendes Zoom in dem Bereich würde auch reichen... aber Vorsicht bei hellen Lichtquellen seitlich/vorn (Flares etc). Deshalb lieber eine Festbrennweite...
S.o. Gibt es typische Licht-Einfallswinkel, bei denen besondere Vorsicht angesagt ist?
Gruß Timo.

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StefanM

Beitrag von StefanM »

Arjay hat geschrieben:Das finde ich erstaunlich - ist das Arbeiten mit fest voreingestellter (und bei Bedarf umgestellter) Belichtung ein Vorgehen, das mit digitalem Gerät nicht mehr sinnvoll ist?
Bei digital muß die Belichtung - wie bei Dia - exakt sitzen, weil der Dynamikumfang kleiner ist als der von Negativfilm. Bei Negativfilm kannst Du locker 2 Stufen überbelichten und trotzdem noch Zeichnung finden, d.h. Du hast keine ausgefressenen Lichter.

Insbesondere in den von Dir beschriebenen Situationen kommt es bei digital auf eine exakt passende Belichtung an. Manuell mit gutem Bauchgefühl wird es da trotzdem eine Menge Ausreißer geben.

Manuelle Belichtung macht meiner Meinung nach nur noch im Studio heutzutage Sinn. Da hat man konstantes Licht und liefert sich nicht den immer wieder mal vorkommenden Fehlinterpretationen (insbesondere der Matrixmesung) des kamerainternen Belis aus.

Draußen ist heute ein Blick aufs Histogramm und +/- Korrektur praktikabler, sicherer und schneller.
alexis_sorbas
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Beitrag von alexis_sorbas »

Arjay hat geschrieben:...S.o. Gibt es typische Licht-Einfallswinkel, bei denen besondere Vorsicht angesagt ist?
Yepp, die linke und die rechte obere Ecke...

mfg

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donholg
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Beitrag von donholg »

Spotmessung , auch wenn es dann "mittig" ist. :super:
"Macht der Himmel Dir die Arbeit schwer, versuchs mit dem Verlaufsfilter."
StefanM

Beitrag von StefanM »

donholg hat geschrieben:Spotmessung , auch wenn es dann "mittig" ist. :super:
Muß ja auch nicht sein, es gibt ja die Taste für die Belichtungsspeicherung ;)
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